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Interessantes zum Baum:

Garn der Macht

Grenzfall

Jedes Kind kennt den Buchsbaum, wobei von einem Baum zu sprechen meistens eher lächerlich ist. Zehn bis zwanzig Zentimeter hoch als Zwerghecke um Gräber auf dem Friedhof oder in Bauerngärten. Und letzteres kennt man wohl eher weniger heutzutage, wenn man nicht gerade eine Oma auf dem Dorf wohnen hat, die ihren alten Bauerngarten noch pflegt.

Immergrünes Gliederungselement in Gärten ist Buchsbaum, lateinisch Buxus, seit der Antike. Von den Griechen ist in dieser Richtung nichts bekannt, aber die Römer nutzten ihn gerne als Hecke, Einfassung oder Umrandung, um Ordnung und Raumgliederung zu schaffen. Oder auch einfach einen Sichtschutz zu haben.

Buchsbaum auf dem FriedhofSo oder so ähnlich kennt man den Buchsbaum zur Genüge: Auf dem Friedhof, irgendwie recht langweilig. Interessant und überraschend für die meisten wird aber wohl sein, dass ein solches Blumenkissen mit Buchsbaumsaum eine blasse Erinnerung an die Niederländischen Broderieparterre-Gärten aus dem Barock ist.

Damit wird klar, dass Buchsbaum in römischen Gärten ganz andere Dimensionen hatte, als der auf unseren Friedhöfen. Gärten im alten Rom waren kleine Parks auf den Landsitzen der reichen Römer, Anlagen um ihre Villa herum. Nebenbei: Eine altrömische Villa ist auch von ganz anderem Kaliber als das, was man heute Villa nennt. Nämlich eine recht umfangreiche Hausanlage (mit Garagen und Pferdestall und allem Drum und Dran) plus einem Freigelände, oft sogar Rundwegen verschiedener Länge zum Spaziergang der Besitzer.

Von einer Vielzahl der Villen in römischer Zeit ist nichts mehr bekannt, es gibt nur sehr wenige Zeugnisse, auf die sich die nachantike Gartenbaukunst beziehen konnte. Die berühmten Villenbriefe von Plinius dem Jüngeren enthalten detaillierte Beschreibungen, wie Buchsbaum in römische Gärten integriert war. Auch von Cicero sind Beschreibungen seiner Gärten erhalten. Wahrscheinlich waren die Gartengestaltungen so verschieden wie die Besitzer der Villen. Schade, dass so vieles vergessen ist.

Geformter BuchsbaumBuchsbaum in Schrauben- oder Schneckenform, dazu passend findet man dann mit Buchsbaumheckchen "gestickte" Muscheln auf der Fläche. Anklang an altrömische Gartenkunst?

Beete waren - wie heute oft noch - mit niedrigen Buchsbaumhecken eingefasst, außerdem schnitt man aus großem Buchs Formen und Skulpturen. Die Ars Topiaria (Formschnittkunst) war nach Angaben von Plinius dem Älteren in augusteischer Zeit vom römischen Kunstgärtner Gaius Marius erfunden worden. [4, 31] Die bei Plinius d. J. beschriebenen kunstvoll in Form gebrachten Sträucher und Bäume ersetzten teilweise die früher beliebten Stein- und Bronzeplastiken. Ja, auch die findet man heute noch auf unseren Friedhöfen. Sie sind Remineszenzen des grandiosen Spiels mit Mythos, Architektur, Dimension, Licht und Schatten in der Antike. Bei den reichen Römern gab es aber noch mehr aus Buchsbaum: Tiere, mythische Szenen, Jagden, Kriegsflotten, Treppen, Buchstaben, manchmal der Name des Besitzers oder des Gartenkünstlers aus dem Grünzeug geschnitten. [5, 94]

Auch groß: BuchsbaumBuchsbaum kann auch sehr groß werden, bis zu 16 m hoch und 30 cm dick. Wenn man ihn lässt. Diesen hier hat man gelassen. Er wächst auf dem "Jerusalems- und Neue Kirche Friedhof" in der Zossener Straße in Berlin-Kreuzberg

Wenn der Box mit dem Buchs ...

Die alten Griechen kannten den Buchsbaum zwar nicht als Formpflanze für Gartengestaltung, doch wohl als Holz für Arzneibüchsen und auch als Heilpflanze. Der Buchsbaum kann - was man vielleicht nicht vermuten würde - ein richtiger, großer Baum werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Griechen den Buchsbaum als wilden Strauch bzw. Baum in ihrer Region kannten und aus seinem Holz ihre Arzneidosen herstellten.

Was im Lateinischen Buxus war, nannte sich im Griechischen Pyxos (Büchse). Davon leitet sich Pyxis (Büchse) ab. Dosenbaum eben. [2, 115] Jedenfalls ist man der Meinung, dass Theophrast den Buchsbaum meinte, als er in seinen verloren gegangenen Manuskripten von einem Baum dieses Namens sprach. Und ist es nicht offensichtlich, dass das englische box und das französische boîte von diesem griechischen Wort abgleitet sind? [a]

Beinhart wie'n Rocker

Das Holz des Buchsbaums ist extrem dicht, elastisch und hart wie Knochen oder Horn. Wenn es sorgfältig getrocknet wurde, kann man es zu feinen Gegenständen drechseln oder schnitzen und auf Hochglanz polieren: Gut für Schachfiguren, Kämme, Schieblehren, Maßstäbe und Druckstöcke für Holzschnitte. [1]

Die gelbfarbenen Büchsen der Griechen aus Buchs konnten also recht dünnwandig sein, ohne deswegen gleich instabil zu werden. Fast wie beinerne, aber nicht so nekrophil.

Das Wurzelholz des Buchsbaums ist begehrt, knapp und teuer. Das beste kommt heute aus dem Kaukasus, wo die Buchsbäume zu bis zu 16 m hohen Bäumen werden, von denen man bis zu 6 m längs und 30 cm im Querschnitt gemessene Bohlen gewinnen kann. Aber dann ist der Buchsbaum auch schon sehr alt gewesen: Immergrün und so extrem langsam wachsend ist er, dass man ihn auch in China mit dem Begriff ewigem Lebens zusammendachte, wird er doch mehrere hundert Jahre alt. Die Krone dann dicht verzweigt und der Stamm unregelmäßig von Wuchs, greift sein Wurzelwerk weit aus. Und er ist ein Freund der Ameisen, die seine Saat verbreiten, angelockt durch den unwiderstehlichen Duft der Samenwarze. [1]

Weiter in der Geschichte

Dass die Römer ihre Gartenbaukunst auch in die eroberten Provinzen, selbst bis nach Britannien mitnahmen, konnte zuverlässig nachgewiesen werden. Ausgrabungen in England legten römische Gartenanlagen frei. Nicht sicher ist allerdings, ob diese Tradition nach Abzug der Römer von den Einheimischen übernommen wurde. Vielleicht ja. Immerhin schrieb Albertus Magnus im 13. Jahrhundert über den Anbau des Buchsbaums in deutschen Landen, aber das war vielleicht auch schon das Anklingen der neuen Zeit, die aus Italien hereinströmte. Und die schon fast vorüber war, als Leon Battista Alberti, inspiriert von den Briefen Plinius des Jüngeren, in seinem Buch De re aedificatoria über den Buchsbaum als Gartengewächs schrieb. [a]

Immer grün. Aufnahme am 10. November, verregneter Tag. Doch der Buchsbaum ist grün. Ein Sinnbild der unveränderlichen Ewigkeit für die Menschen dadurch, insbesondere derer des Barock.

Die Rezeption der antiken Quellen über Gartenbau, jedenfalls derer, die noch aufzufinden waren, floss direkt in die Gartenbaupraxis der Renaissance in Italien und danach Frankreichs ein. Buchsbaum, als niedrig geschnittenes Ordnungselement, war auf einmal unentbehrlich. Diese Mode verbreitete sich natürlich auch nach Mitteleuropa und wer es sich leisten konnte, pflanzte das Symbol von Macht und Gesetz in seinen Garten. So kam der Buchsbaum in die Bauerngärten und auf die Friedhöfe.

Da gibt es ihn noch heute, ordnend und Grenzen ziehend, an den Stätten des Todes zwischen Tod und Leben, das Grab wird zum Garten en miniature, mit dem Programm eines großen.

Kreislabyrinth im RosengartenDer Buchsbaum war ideal zur Formung von geometrischen Figuren, Schreitlabyrinthen und Umgängen, über die man den Überblick behalten wollte: keinerlei Bedrohung trübte den Genuss der gezähmten Natur. Hier ein kleiner Rosengarten, wo man auch einmal "sub rosa" sprechen konnte, mit Genuss sogar.

Garden in Box

Der Gartenbau der Renaissance nannte sich Villegiatura, was soviel wie Villenkultur oder Kultur des Landlebens (nach antikem Vorbild) bedeutet. Für die Frührenaissance war der Toskanische Stil prägend. Typisch für diesen war die Hanglage und die Anordnung auf Terrassen. Diese wiederum waren in Rechtecke, Quadrate und Kreise unterteilt, verbunden durch parallele oder sternförmige Wege. In den Stützmauern der Terrassen fand der Gartenbesucher kleine Grotten eingelassen. Die Beetfelder wurden durch Buchsbaum geformt und mit verschiedenen Pflanzen ausgefüllt. Dabei waren die Elemente im Toskanischen Garten selbstständig: Gebäude wie einzelne Gartenelemente in sich abgeschlossen, isoliert, alles bloß zusammengesetzt. [3, 44 - 46]

Mit dem Römischen Garten der Hochrenaissance und noch des Barocks erreichte die Villegiatura ihren Höhepunkt. Viele Einzelelemente wurden weiter entwickelt, Wasser und Brunnen wurden essentieller Teil der Gartengestaltung. Viel revolutionärer war allerdings die Auffassung des Gartens als Einheit. [3, 48] Das brachte die große Achse in den Garten, die das Haus mit der Unendlichkeit verband und an der sich alle Elemente des Gartens auszurichten hatten. Die Terrassen, Bosquets und Irrgärten, die im toskanischen Garten die bestimmenden Elemente waren, ordneten sich nun unter und wurden intime Kompartimente innerhalb des Garten-Kosmos. [vgl. 3, 51]

Mit dem LinealNur die unterworfene und geformte Natur, die versteckte Natur war gute Natur. Da mussten die Bäume genauso leiden wie die Herren und Damen mit Stöckelschuhen und Perücken, die ihnen ein perfektes Äußeres gaben. Aber wehe, man schaute hinter die Kulissen. Die ganze Welt war nur die Puppe, Schmetterlinge gab es nur im Jenseits.

In diesem Zusammenhang ist auch der giardino segreto, der geheime, stille Garten zu erwähnen, der in unmittelbarer Nähe des Hauses lag und innerhalb der Gesamtheit des Gartens so etwas wie einen Privatsalon darstellte: ein ruhiger Aufenthaltsort für intime Gespräche und Treffen, manchmal als Spielgarten für die Kinder. [3, 50]

Dies alles ermöglichte der Buchsbaum, später auch unterstützt durch seine formbaren Nachfolger und Substituenten wie Eibe, Hainbuche u. a. Denn der Renaissance-Garten war viel schnelllebiger als der der Antike. Buchsbaum wächst nun mal extrem langsam.

geplättet und geknotet

Eine auf der Fläche gestreckte Variation des Renaissancegartens musste in Frankreich entwickelt werden, da gestufte Terrassen geografischer Gegebenheiten wegen nicht möglich waren. Das Parterre beinhaltete eine Nullebene als Gartengrundfläche mit seitlich verlaufenden und erhöhten Promenaden, um eben jene deutlich zu Bewusstsein zu bringen. [3, 61]

Gestick mit PflanzenmaterialDas Broderie-Parterre war eine Erfindung in Frankreich. Der Buchsbaum zeichnet auf der ebenen Fläche Muster wie bei der Stickerei, deshalb Broderie. Die Zwischenräume wurden mit farbigem Sand, Kies, Mineralmehl, Kohle u. ä. ausgefüllt. Später auch mit exotischen Blumen. Eine Folge des Fernhandels.

Mit dabei immer kunstvoll geschnittene Buchsbaum-Elemente (auch schon im Gemüse- und Kräutergarten), die bereits vage an das barocke Broderieparterre (nach Broderie = Gestick) erinnern. [4, 66] Im England der elisabethanischen Zeit entwickelte sich eine andere besondere Variante des italienischen Gartens mit sogenannten Knotenbeeten (Knotted Beds). Diese bilden Muster ab, die von mittelalterlichen oder orientalischen Bandornamenten abgeleitet sind. Die Arabesken waren dabei aus Buchsbaum (oder in Ermangelung dessen aus Kräutern), die Zwischenräume wurden mit duftenden Blumen, bunten Erden oder Kieseln ausgefüllt. [4, 69] Besonderen Gefallen fanden die Engländer an den neckischen Gartenlabyrinthen, die hier eine ganz eigene Ausprägung erfuhren und teilweise sehr groß gestaltet wurden. [4, 69 f.]

Lesbarer Garten - Sprache der Macht

Der Garten, den der Buchsbaum möglich machte, war keiner, wie wir ihn heute denken. Uns ist viel näher der Englische Garten der Klassik und Romantik. Arbeitete der schon mit dem partiell-fotografischen Sehen, war ersterer einer des Textes aus Symbolen, dessen Achsen eher Zeilen waren, auf denen die zu deutenden Elemente zu stehen kamen. Ein solcher Garten der Ordnung und Macht war das Ideal eines Staates, war weniger Abbild als Vorbild und Erzählung davon. Seiner klärenden Erscheinung gaben sich die Besucher hin, um davon absorbiert zu werden. Daher: Anlage des Gartens mit Zirkel und Lineal, praktisch ausgeführt dann entsprechend einer Art "optischen Psychologie". Alle Winkel und Dimensionen waren endlich nicht der Geometrie, sondern der Wirkung auf den Betrachter verpflichtet.

Auf diesem Hintergund entstand die Ahnung eines absoluten Staates im Ideal, befreit von allem Sumpf des Menschlichen, dem man im Tagesgeschäft immer noch gänzlich verfallen war, aber irgendwann zu entrinnen wünschte. Selbst der "oberste Diener seines Staates" labte seine Seele an der Perfektion des hier Machbaren, des mit Land und Pflanzen Machbaren. So aber eben noch nicht mit dem Menschen. Das war noch im Werden begriffen.

Im Räderwerk des makellosen Systems - denn so erblickte man es in der großen Perspektive - wähnte man sich erst richtig Mensch und hatte seinen Ausblick auf die verheißene Vollkommenheit.

So formbar wie die Pflanzen, wie der Buchsbaum sollte er sein, der Mensch in seinem Staat und auf seinem Platz genauestens verwurzelt, wie die Hecken und Beete, die gestutzt ihre Funktion erfüllten und möglichst immergrün waren, unwandelbar vor dem Himmel der Zeiten, Planeten gleich auf Bahnen ziehend. Erst Gnade von höchster Stelle erlaubte das Vielfältige und Zufällige darin, die Abweichung und das Besondere.

gestickt

Das französische Barock entwickelte das Parterre weiter zum reichgestaltigen Broderieparterre. Dabei wurde der Garten durch den geschickten Einsatz der Buchsbaumbänder zur Stickerei im Großen. Die Zwischenräume wurden nicht mehr mit Blumen gefüllt sondern mit farbigen Mineralmehlen sowie geriebener Kohle, rotem Ziegelmehl, rotbraunen Eisenspänen oder weißem und gelbem Kies.

Das ganze Beet wurde etwas gewölbt gestaltet, wodurch die Plastizität betont wurde. Den Rahmen bildete regelmäßig der Buchsbaum, dem oft noch ein Rasenband verstärkend, betonend vorgeschaltet wurde. Eine weitere Emphase des Rahmenbandes konnte durch auf Kugel oder Pyramide zugeschnittene Büsche an Schnittpunkten der Geraden und Kurven erfolgen. Für die eigentliche "Stickerei" mit Buchsbaumfäden gab es sogar "Musterbücher", die bekanntesten waren von dem französischen Gartenguru Dézallier d'Argenville. Es gab bald genug Buchsbaumsticker in Europa, die sich daran orientierten. [3, 82; 4, 83]

geklöppelt

In Holland setzte man weniger auf Fernwirkung in den Broderiegärten. Das konnte man auch nicht wegen der begrenzenden Wassergräben überall im Lande. Also hielt man den Garten kleiner und stattete ihn dafür um so üppiger aus. Zupass kamen die durch den Fernhandel in Holland erhältlichen exotischen Blumen, die den schnöden Staub der französischen Gärten mit Farbe und Duft ersetzten.

eingedeutscht

Die holländischen Broderiegärten gefielen. Sie wurden mitsamt der sie begrenzenden Kanäle in Deutschland und Dänemark gerne nachempfunden. Es ging vermutlich auch um die eher bezahlbare Größe, man wollte sich nicht ganz so hoch verschulden wie die französischen Fürsten. Im Auftrag von Herzog Ernst August und seiner Gemahlin Sophie (aufgewachsen in den Niederlanden) entwarf der Gartenarchitekt Martin Charbonnier den Grossen Garten von Hannover-Herrenhausen im Stil eines holländischen Kanalgartens mit Wassergräben ringsum.

Es war mit einer der ersten deutschen Barockgärten, der dort zwischen 1682 und 1714 entstand, er zeigte aber schon die typischen Charakteristika dieser Variante des Broderiegartens: Die Anlage in einem überschaubaren, eingefriedeten Areal mit strenger Achsensymmetrie, ausgerichtet auf das Schloss. [4, 84] Der barocke Garten wurde übrigens verschont, als im 19. Jahrhundert alle Welt daran ging, englische Landschaftsgärten zu bauen oder andere umzurüsten. Auch das Haus Hannover brauchte natürlich so einen. Der Georgengarten wurde (zum Glück) einfach daneben angelegt. [d]

ParterreKeine Erhebung, die den Blick ablenkt, die perfekte Augenweide. Dynamisch, aber nicht wild. Geschwungen, aber nicht krumm. Gerade, aber nicht leblos. Hier kam die Natur zu ihrer Vollendung, hier war der Mensch erst Mensch, nämlich Gott, enthoben der Notwendigkeit, übergeben der Möglichkeit. Nicht umsonst stehen in dieser Art Parks alle Götter an den Schnittpunkten der überschaubar gewordenen Welt.

Grafik und Kubismus

Seitdem der Buchsbaum in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder in Mode gekommen ist und sein Friedhofsimage zu verlieren scheint, hat man die barocke Gestalt des Buchsbaums sehr reduziert und die antiken Elemente isoliert und in am Rechner entworfenen minimalistischen Gärten realisiert. Das entspricht der barocken Gartenkunst vielleicht sogar mehr, als es den ersten Eindruck macht. Nichts wird je vergessen im Prozess der Zivilisation, es wird "aufgehoben".

Eine Neuauflage des französischen Gartens in Form einer Shortcut-Collage findet man in den Außenanlagen des Kempinski in München. Im Sony-Center in Berlin gibt es polygonalen Buchsbaum, passend zu den Glasbauten dort. [4, 173 u. 176]

Die Schnittkunst ist im Übrigen heutzutage viel populärer als der Buchsbaum. Topiaria ist beliebt, in Form geschnittene Hecken und Büsche sind - ja, wir fühlen uns bedroht - en vogue. Nicht immer ist das Buchsbaum, was wahrscheinlich daran liegt, dass er zu langsam wächst für diese Zeit.

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Buchsbaum-Renaissance in der Altmark

Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten gab es eine Renaissance der Buchsbaumkultur in der Altmark, bei der vor allem lange vernachlässigte Bauerngärten rekonstruiert wurden.

Die Mode "Buchsbaumgarten" war als Statussymbol der Teilhabe an der Macht im 18. Jahrhundert auch in die Altmark eingezogen. Bald taten es die Gutsherren und Großbauern den Schlossherren nach. Wer einen Teil des Gartens von der wirtschaftlichen Nutzung freistellen konnte, baute sich einen dem fürstlichen nachempfundenen Prachtgarten auf. Wobei die Erfahrung zeigte, dass sich der Schmuck der Broderiegärten auch mit üblicher Gemüsegärtnerei zu deren Vorteil kombinieren ließ.

Zwischen 1900 und dem Zweiten Weltkrieg war das Ausmaß der Buchsbaum-Schmuckbepflanzung in einem Bauerngarten ein verlässlicher Indikator für Reichtum und Einfluss in der (gemischt feudal-bürgerlich) ländlichen Gesellschaft der Altmark. Nach dem Zweiten Weltkrieg, nämlich während der DDR-Zeit, hatte man für solche Prestige- oder Schmuckgärten kein Verständnis und sie wurden nach und nach zu großen Teilen in wirtschaftlich nutzbare Fläche umgewandelt.

Nur wenige hielten an der Tradition der italienisch-französischen Gartengestaltung mit Buchsbaum fest und pflegten ihre Buchsbaumanpflanzungen weiter. Mit dem Ende der DDR wendete sich das allgemeine Interesse auch wieder dem nicht wirtschaftlich nutzbringenden Gartenwesen zu und damit auch dem Buchsbaum als Gartengestaltungsmittel. In der Altmark kam es zum regelrechten Buchsbaum-Boom.


Quellen und Wissenswertes:

Interessantes zum Buchsbaum:

Kurz und anschaulich: Animation zeigt Aufbau und Gestaltungselemente des Broderie-Parterres. Auf Wikipedia, Artikel Broderieparterre.link

In Büchern zu Buchsbaum:

[1] Artikel zu Buchsbaum in: Ulrich Hecker, Bäume und Sträucher. München 2006, S.180 f.

[2] Artikel Buchsbaum in: Renato Strassmann, Baumheilkunde. Heilkraft, Mythos und Magie der Bäume. Müchchen 2008, S. 122 f.

[3] Herbert Keller, Kleine Geschichte der Gartenkunst. Berlin 1976

[4] Michaela Kalusok, Gartenkunst. Köln 2003

[5] Christian Meier, Der römische Garten in: Hans Sarkowitz (Hg.), Die Geschichte der Gärten und Parks. Frankfurt am Main und Leipzig 1998, 91-105

[6] Michael Brix, Französische Gärten in: Hans Sarkowitz (Hg.), Die Geschichte der Gärten und Parks. Frankfurt am Main und Leipzig 1998, 152-172

Im Web zu Buchsbaum:

[a] wikipedia: Artikel zu Gewöhnlicher Buchsbaumlink

[b] wikipedia: Artikel zu Topiarilink

[c] Yvonne Göckemeyer, Praxis-Information Buchsbaum. Bordüre für Beete. Link führt zur Site der Landschaftsarchitektin. Dort das Info-Blatt unter 'zum Ausdrucken' als pdf laden.link

[d] Sven Glagow, Die historischen Gärten in Herrenhausen. NDR Online vom 24. Juni 2009link

[e] Udo Leuschner, Symbol und Sentiment. Weshalb das arkadische Landschaftsbild mit dem Barockgarten koexistieren konnte. link

[f] Holz-ABC Buchsbaum. Site des Gesamtverband Deutscher Holzhandel e.V.link

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